Warum agiles Projektmanagement sinnvoll ist

In unseren heutigen Arbeitsumgebungen wird die Expertise jedes Einzelnen immer „spitzer“ – wir wissen immer mehr über immer kleiner werdende Detailbereiche. Was wir zu einem bestimmten Thema insgesamt wissen können, wird immer umfassender. Zugleich werden die zu lösenden Aufgaben und die zu bewältigenden Probleme zunehmend komplexer. Herausforderungen lassen sich kaum mehr heroisch von Einzelkämpfern bewältigen. Sie müssen von Menschen gemeinsam in interdisziplinärer Zusammenarbeit angegangen werden.

 

Globalisierung als Herausforderung für Organisationen

Um in einer sich wandelnden, globalen Wirtschaft wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt es für Unternehmen, neue Strategien zu entdecken. Von allen Seiten hören wir, dass sich die Arbeitswelt radikal verändern wird und das auch schon tut. Starre Prozesse und festgeschriebene Pläne sind oft nicht mehr in dem Maße hilfreich, wie wir es aus der Vergangenheit kennen. Wenn sich die Welt, der Markt und unsere Kunden um uns herum verändern, müssen wir darauf reagieren und auch unsere Art der Zusammenarbeit und Arbeitsorganisation auf den Prüfstand stellen. Wir sehen was passiert, wenn wir das nicht tun: Unternehmen, Konzerne und ganze Geschäftsmodelle, werden von anderen Firmen überrollt, die es geschafft haben, sich besser an die Anforderungen anzupassen, sich zu transformieren.

Abb. 01: Oftmals wissen wir noch nicht mal, was wir nicht wissen.

Mit vielen klassischen Herangehensweisen können wir nicht schnell genug auf Veränderungen oder neue Anforderungen reagieren. Die Strukturen sind nicht dafür gemacht, es gab bei ihrer Entwicklung auch nicht die Notwendigkeit dafür. Wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, dann bleibt oft alles erstmal komplett stehen, bis eine passende Lösung gefunden wird. Unser Alltag verändert sich aber ständig und das in einem rasanten Tempo.

Neue Methoden müssen daher das Unvorhersehbare in gewisser Hinsicht vorhersehen, auf jeden Fall müssen sie Tools und Prozesse anbieten, die schnell und flexibel auf genau dieses Unbekannte reagieren.

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Was meinen wir, wenn wir von Agilität sprechen?

Agilität beschreibt die Fähigkeit, sich als Unternehmen immer wieder zu überprüfen und neu zu erfinden. In kurzer Zeit gilt es, sich mit seinen Geschäftsmodellen und Organisationsstrukturen an die Marktanforderungen und Marktchancen einer sich wandelnden, globalen Wirtschaft anzupassen und auszurichten. Agil zu handeln, beinhaltet dabei immer gleichermaßen, anpassungsfähig zu bleiben und schnell und flexibel auf Veränderungen zu reagieren, wie auch vorausschauend und vorwegnehmend Innovationen zu initiieren.

Abb. 02: Die Geschwindigkeit, mit der Neues erfunden und entwickelt wird, wächst exponentiell

Wir leben in einer VUCA-Welt

VUCA ist ein Akronym für die englischen Begriffe

  • Volatility (Volatilität, Flüchtigkeit),
  • Uncertainty (Unsicherheit, Ungewissheit),
  • Complexity (Komplexität) und
  • Ambiguity (Mehrdeutigkeit).

Mit dem Begriff VUCA beschreiben wir die Phänomene unserer modernen Arbeits- und Wissenswelt, die sich zum einen mitten in der Digitalisierung, dadurch aber gleichzeitig auch mitten in einem Paradigmenwechsel befindet. Vieles Vertrautes in der Arbeitswelt funktioniert nicht mehr so wie früher; Produktentwicklung, Projektumsetzung, Unternehmensführung, Organisationsstrukturen – in allen Bereichen müssen wir uns mit dem Wandel und der Schnelllebigkeit unserer Zeit auseinandersetzen.

Der Begriff VUCA entstand in den 1990er Jahren am United States Army War College (USAWC) und diente zunächst dazu, die multi- laterale Welt nach dem Ende des Kalten Krieges zu beschreiben. Später wurde der Begriff auch in anderen Bereichen (von der Bildung bis zur Wirtschaft) übernommen. Insbesondere in der strategischen Führung dient der Begriff dazu, neue Herangehensweisen und Methoden zu entwickeln, die diesen vier Aspekten Rechnung tragen.

 


Abb. 03: Stetiger Wandel und Schnelllebigkeit prägen unsere moderne Welt

Die Antwort auf VUCA kann genau genommen auch nur wieder VUCA sein.

Abb. 04: Agile Herangehensweisen helfen uns dabei, mit den aktuellen Herausforderungen umzugehen.

Was bedeutet die VUCA-Welt für unsere aktuelle Arbeitswelt?

Wir brauchen wirklich neue Konzepte und Modelle für unsere Zusammenarbeit. Wenn wir auf die letzten Jahrzehnte zurückschauen, insbesondere auf die letzten Jahre, erkennen wir, dass die Veränderungen auf dem Markt, noch nie so disruptiv waren wie heute. Was gestern noch aktuell war, ist morgen vielleicht schon überholt. Kodak, Xerox, Nokia sind nur ein paar Beispiele der digitalen Disruption. Unternehmen, die lange Zeit Marktführer waren, haben die Konsequenzen insbesondere der digitalen Veränderungen zu lange ignoriert oder zu spät erkannt, um noch rechtzeitig vor dem Untergang die Weichen für eine nachhaltige und gleichermaßen profitable Neuorientierung zu stellen.

„Die größte Schwierigkeit der Welt besteht nicht darin, 

Leute zu bewegen, neue Ideen anzunehmen, 

sondern alte zu vergessen.“

John Maynard Keynes

 

Wie sehen agile Arbeitsansätze in der Praxis aus?

Was wir brauchen, um den Herausforderungen unserer schnelllebigen Zeit begegnen zu können, ist empirische Prozesssteuerung. Solange die Auf- gaben klar sind, und nur von Zeit zu Zeit geringfüge Anpassungen erforderlich werden, arbeiten wir vernünftigerweise mit standardisierten Lösungswegen. Wir wissen, was zu tun ist und können das gut im klassischen Sinne planen.

Agile Ansätze helfen immer dann, wenn wir nicht so genau wissen, wie sich während wir ein Produkt entwickeln, die Rahmenbedingungen gegebenenfalls noch ändern werden und es Entwicklungsbereiche gibt, wo wir noch nicht mal eine Ahnung von all dem haben, was wir alles noch nicht wissen. Das bedeutet, es gibt zu Beginn einer Produktentwicklung oder einer Projektdurchführung nicht nur Unklarheit über den Lösungsweg (Wie lösen wir die Anforderungen?), sondern es kann auch durchaus passieren, dass sich das Produkt oder Projekt im Laufe der Zeit noch einmal komplett verändert, komplett neue Anforderungen hinzukommen (Was sind eigentlich genau die Anforderungen?).

Da wir Wissen durch Erfahrung sammeln und wir nur auf Basis von eben diesem Wissen hilfreiche Entscheidungen für unser Produkt oder Projekt treffen können, setzt die empirische Prozesssteuerung genau hier an:

  • Wir brauchen im Team Transparenz über unsere Aufgaben, über all das, was wir schon wissen und woran wir schon arbeiten können.
  • Wir brauchen regelmäßige Inspektionen, wir werten unsere bisherigen Erfahrungen aus und generieren neues Wissen.
  • Wir brauchen Adaptionen, wir passen unsere bisherige Vorgehensweise und unsere Auf- gaben auf Basis unserer Erkenntnisse aus den Inspektionen an.

Anstehende Workshops

Interkulturelle Führung
Interkulturelles Marketing
Unconscious Bias
Inclusion Management

Transparenz

  • Fangen wir mit den einfachen Dingen an: Für Transparenz machen wir unsere Arbeit schlicht sichtbar, wir visualisieren sie. Dies ist ein guter Weg, um einen schnellen Mehrwert zu generieren. Durch die Visualisierung unserer Aufgaben erhalten wir selbst und unsere Kollegen mehr Klarheit über die anstehenden Aufgaben. Wir bekommen eine Auskunft über die Arbeitsauslastung und über Projektstände. Wenn wir das mit jeder Menge bunter Post-its an den Wänden unserer Büros machen, dann schaffen wir diese Transparenz oft auch über einzelne Abteilung hinweg.
  • Die Visualisierung unserer Aufgaben schafft eine generelle Orientierung und wir können so unsere Zusammenarbeit besser koordinieren. Dadurch er- reichen wir ein gemeinsames Verständnis, können häufig Risiken und Engpässe frühzeitig erkennen und Missverständnisse aus dem Weg räumen bzw. erst gar nicht entstehen lassen.
  • Zur Visualisierung gibt es viele verschiedene Möglichkeiten. Wenn wir vor Ort sind und Whiteboards, Pinnwände oder einfach freie Wandflächen zur Verfügung haben, können wir unsere Aufgaben auf Post-its notieren und an die Wände kleben. Zum Start hilft dabei eine einfache Struktur. Wir schaffen auf unserer Wand drei Bereiche: To Do‘s, In Arbeit und Fertig. So visualisieren wir nicht nur, was wir alles zu tun haben, sondern auch, in welchem Status sich die einzelnen Aufgaben gerade befinden.
  • Das geschieht ohne großen Aufwand und ist schnell umsetzbar, schon haben wir ein erstes Board, das uns Transparenz über unsere Arbeit verschafft.
  • Arbeiten wir verteilt, im Homeoffice oder an verschiedenen Standorten, gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Aufgaben-Verwaltungs-Onlinediensten. Trello, Jira und Planner sind nur einige Beispiele, die alle vom Grunde her ähnlich funktionieren. Die Aufgaben werden auf digitale „Karten“ geschrieben und in verschiedenen „Spalten“, „Listen“ oder manchmal auch „Buckets“ genannt, gespeichert.
  • Auch so kann gemeinsam im Team an den Auf- gaben gearbeitet werden. Ob nun eine physische Aufgabensammlung oder eine digitale, beides hat seine Vor- und Nachteile. Beide Lösungen helfen uns aber gleichermaßen dabei, unsere Aufgaben und Anforderungen im Team gemeinsam transparent zu visualisieren.

Priorisierung

  • Wenn wir uns nun die gesammelten Aufgaben in unserem Board anschauen, macht es Sinn sich zu überlegen, welche wir zuerst bearbeiten werden. Das Zauberwort heißt hierbei Priorisieren. Arbeiten wir zur richtigen Zeit, an den richtigen Aufgaben, ist dabei eine hilfreiche Frage.
  • Es geht uns darum, Wert zu schaffen und gleichzeitig das Risiko zu minimieren. Die Aufgaben, die einen unmittelbaren Mehrwert bringen, erledigen wir zuerst. So kommt unser Produkt oder auch unser Service schnell in einem ersten, nutzbaren Inkrement auf den Markt und wir bekommen schnell Feedback. Es gibt verschiedenste Priorisierungsmethoden.
  • Einfache Entscheidungsgrundlagen lassen sich aus der Betrachtung des Wertes für den Nutzer oder des Risikos für das Unternehmen ableiten.

Abb. 05: Priorisierung nach „Wert für den Nutzer“

Abb. 06: Priorisierung nach „Risiko für das Unternehmen“

Fokus

  • Wir machen unsere Arbeit sichtbar. Das hilft uns unsere Arbeit zu organisieren und zu strukturieren. Wir stellen sicher, dass uns nichts „verloren“ geht und haben wieder mehr Kapazität, um uns auf die einzelnen Aufgaben voll zu konzentrieren, sie fokussiert zu bearbeiten. Durch diese Transparenz erkennen auch Andere, an was gerade gearbeitet wird. Unterstützung, neue Impulse und Zusammenarbeit können dadurch angeboten und schneller umgesetzt werden. Fokus hilft uns dabei, Dinge fertig zu bekommen. Umso mehr wir versuchen parallel zu erledigen, desto mehr Zeit kostet uns der Wechsel von einem zum anderen Thema. Wir werden insgesamt langsamer. Das geht auch auf die Motivation; selten Aufgaben wirklich abschließen zu können, nagt an unserer Zufriedenheit. Umso mehr Dinge wir gleichzeitig im Kopf haben, desto mehr Sorge haben wir, einen wichtigen Aspekt zu übersehen. Durch Fokus auf ein einziges „To Do“ bekommen wir mehr Klarheit. Haben wir alles, von dem wir wissen, dass es getan werden muss, visualisiert, am Board festgehalten und priorisiert, fällt es uns viel leichter alles, was wir gerade nicht bearbeiten gedanklich auszublenden und die „eine Aufgabe“ motiviert und zielführend abzuschließen.
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Die Autorin

Claudia Frahm ist Systemischer Coach, Trainerin und New Work Enthusiastin. Sie begleitet Unternehmen dabei, agiles Arbeiten sinnvoll einzusetzen und unterstützt mit kreativen Workshops bei der Weiterentwicklung. Sie ist bekannt für Arbeit auf Augenhöhe, Humor und ihre verblüffenden Perspektivwechsel.